Lieber Robert,

 

Den Titel „querfeldein“, den du für diese Präsentation deiner Arbeiten gewählt hast, finde ich für dein gesamtes künstlerisches Werk bezeichnend.

 

Sie alle kennen das „querfeldein laufen“:

Über Stock und Stein – Wege vermeiden, Straßen nur überqueren, über blühende Wiesen und im Herbst über abgeerntete Felder.

Man ist offen für Überraschungen und vor allem neugierig auf Neues, Unbekanntes.

 

Robert Siebenhaar geht in seinem künstlerischen Schaffen immer querfeldein, ein Ergebnis ist für ihn noch nicht sichtbar.

 

Der Weg ist das Ziel.

 

Das Ziel entwickelt sich auf dem Weg des Schaffensprozesses.

 

Diesen Weg, den Robert Siebehaar geht, sehe ich als Dialog, als Zwiesprache mit seinen Erfahrungen und Gedanken mit der Leinwand, oder den Objekten - sein Ziel ist, dieses Zwiegespräch bildhaft festzuhalten.

 

Das gibt uns Betrachter die Chance, seinen Weg nachzuvollziehen, seine Gedanken versuchen aufzuspüren.

 

Vor etlichen Jahren sagte ich bei einer Einführung zu einer Ausstellung von Robert Siebenhaar:

 

In vielen seiner Bilder kann man mit den Augen spazieren gehen, sie erzählen dem Betrachter von einer Welt, wie sie im Künstler existieren könnte.

Das hat dir sehr gut gefallen, daran hat sich für mich nichts geändert.

Sicher hat sich der „Stil“ von Robert Siebenhaar im Laufe der Jahre verändert, die Aussagekraft und der Wunsch mitzuteilen, zu erzählen sind immer gleich geblieben.

 

Man entdeckt einen kleinen Mond, ein Symbol, das bei ihm immer wiederkehrt.

Man kann sich jetzt fragen, was bedeutet für Robert Siebenhaar der Mond?

Ein vages Verstehen wäre sogar möglich, aber das ist nicht das Wesentliche.

 

Ist es nicht viel interessanter nachzuspüren, was sagt dieser kleine Mond zu mir?

Ist er zunehmend oder abnehmend? Was verbinde ich damit?

In welchem Kontext steht er zu anderen Figurationen im Bild?

 

So kann man mit vielen Bildelementen verfahren und, sie sehen, das braucht eine gewisse Zeit und es ist spannend, was man da so alles entdecken kann – man geht auf dem Bild mit den Augen „querfeldein“

 

Bilder, die ich mit einem Blick erfassen kann, die nach meinem Ermessen nur zu dekorativen Zwecken gemacht wurden, möchte ich nicht unbedingt als Kunst bezeichnen.

 

Für mich ist wichtig, dass der Betrachter seiner eigenen Fantasie Raum geben kann.

Er kann seine eigene Geschichte finden oder erfinden und sie mit dem eigenen Erfahrungsschatz oder Fantasie ausschmücken.

 

Genau wie beim „querfeldein“ laufen, man muss unter Umständen über Gräben springen, stacheliges Gestrüpp überwinden, Umwege in Kauf nehmen, um wieder auf einen fußfreundlichen Untergrund zu gelangen.

 

Das sehe ich z.B. bei dem „Trojanischen Pferd“.

Ein Thema, das Robert Siebenhaar immer beschäftigt.

Ein deutlicheres Symbol für die Frage: Was verbirgt sich hinter dem sichtbaren Bild, der Skulptur?

Robert Siebenhaar sagte vor ein paar Tagen zu diesem Thema:

 

„Wie schön muss eine Sache sein, dass man sich der dahinter lauernden Gefahr nicht bewusst wird“.

 

Ich meine damit, man wird bei der Betrachtung nicht nur mit angenehmen Dingen konfrontiert.

Es sind nicht nur angenehme Gefühle, die da entstehen können, man entdeckt womöglich Beängstigendes oder ähnlich Unangenehmes.

 

Ein weiterer Aspekt in seinen Bildern und Assemblagen ist aber auch Schalk, Leichtigkeit, Fröhlichkeit.

 

Diese Erzählelemente sind eingebettet in eine bewegte Fläche, sie stehen nicht alleine im Raum, bzw. auf der Bildfläche, der Hintergrund - das Hintergrundwissen schwingt immer mit.

 

Und da kommt die Farbe ins Spiel, was verbinde ich mit einem kalten Gelb, einem warmen Rot, siehe Bild von der Einladungskarte, oder einem dominanten Blau?

Wie fühle ich die Farben? Welches Empfinden erwecken sie in mir?

Gibt es in meinem Erfahrungsschatz Parallelen?

 

Sie sehen, es ist schwer sich nur auf einen Ausschnitt zu konzentrieren, man wird gezwungen immer wieder Neues zu erkunden... ein Bild mit einem Blick zu erfassen ist nicht möglich.

 

Bildbetrachtung ist für mich dem Lesen gleichzusetzten.

 

Ein Buch oder einen Zeitungsartikel muss man lesen, um den Inhalt zu erfahren. Die Überschrift, den Klappentext oder nur ein paar Seiten zu überfliegen genügt nicht.

Ein oberflächliches Vorbeischauen kann uns bei den Bildern von Robert Siebenhaar das Wesentliche nicht erschließen.

 

Robert Siebenhaar sagt von sich, wenn er Wörter hätte, wäre er vielleicht Schriftsteller geworden.

Er hat aber den Stift, den Pinsel und die Farben um seine Geschichte zu erzählen.

Damals vor 19 Jahren sagte ich zum Schluss:

 

Gemalte Prosa, so möchte ich die Bilder von Robert Siebenhaar bezeichnen.

 

Daran hat sich für mich nichts geändert.

 

Nun wünsche ich ihnen, treten sie ein in den Dialog mit den Bildern, Zeichnungen, Radierungen und Assemblagen.

 


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